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Opernappetizer

RIGOLETTO

GIUSEPPE VERDI

Oper in drei Akten / Text von Francesco Maria Piave nach Victor Hugo

In einer menschenverachtenden Gesellschaft agieren die Protagonistinnen und Protagonisten von Giuseppe Verdis vielleicht düsterster Oper Rigoletto und steuern auf ihr tragisches Ende zu.

Vom 4. Oktober – 8. November 2024 an der Oper Frankfurt.

Bildunterschruft:
© Barbara Aumüller

Inhalt

Obsession überall

Hendrik Müller, Regie

Sophokles' »Ungeheuer ist viel. Doch nichts ungeheuerer als der Mensch« wird mir zum Motto für Verdis düsterste Oper: Eine verflucht einsame Welt, in der nichts als die Lust am Augenblick zählt. Keine Liebe, nirgends – Obsession überall. Sein Dasein als Narr eines maßlosen Herzogs – zugleich seine Lebensversicherung – führt Rigoletto in die destruktive Perversion seiner eigenen Wertüberzeugungen, die er wie besessen an seiner Tochter aufrechtzuerhalten sucht.

Regisseur Hendrik Müller © Lena Kern

Gilda zerstört und vernichtet in vollem Bewusstsein ihres Handelns das Einzige, was der Vater noch zu lieben glaubt: sich selbst. Sie tut das – so redet sie es sich ein –, um das Leben eines Mannes zu retten, der längst jede Achtung vor den Menschen und sich selbst, vor seinem eigenen Dasein, verloren hat. Doch auch in den Armen des mordenden Geschwisterpaars darf das Leben dieses Lebensmüden nicht enden, als sich Bruder und Schwester aus einer Laune heraus entscheiden, einen unschuldig Dahergelaufenen an seiner statt zu töten. So tragen alle Figuren dieser Oper einen gemeinsamen Fluch in sich: die Verachtung.

AUFTAKT – AUDIOEINFÜHRUNGEN

Jetzt in die Audioeinführung zu Rigoletto von Dramaturg Zsolt Horpácsy reinhören. Alle Auftakt-Folgen finden Sie bei SoundCloud, Spotify und ApplePodcasts.

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Handlung

1. Akt

Am Hof des Herzogs von Mantua. Die höfische Männergesellschaft und Rigoletto, der bucklige Narr des Herzogs, amüsieren sich mit brutalen Späßen und gegenseitigen Demütigungen. Der Herzog verführt und verlässt Frauen zum Zeitvertreib. Ihre betrogenen Ehemänner verspottet er. Er hat sein neues Opfer bereits gefunden. Seit einem Monat beobachtet er jeden Sonntag eine Unbekannte in der Kirche. Unterstützt von Rigolettos Wortgewalt erniedrigt der Herzog die Gräfin Ceprano in Gegenwart ihres Ehemannes. Mit Rigolettos Vorschlag, den gehörnten Grafen Ceprano hinzurichten, schlägt die Stimmung abrupt gegen den Narren um. Die Männer fordern Rache für Rigolettos Gemeinheiten. Der Höfling Marullo berichtet, dass der Bucklige in seinem Haus eine heimliche Geliebte versteckt hält. Graf von Monterone unterbricht das Fest. Er fordert Vergeltung für seine Tochter, die vom Herzog und seinen Männern geschändet wurde. Als Rigoletto den verzweifelten Vater verhöhnt, verflucht Monterone nicht nur den Herzog, sondern auch seinen Narren ...

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Rigoletto kann Monterones Fluch nicht vergessen. Auf der Straße bieten ihm der Auftragsmörder Sparafucile und seine Schwester Maddalena ihre Dienste an. Rigoletto lehnt für den Moment ab. In dem Mörder erblickt er sein eigenes Spiegelbild: Sparafucile tötet mit dem Dolch, er selbst mit Worten. Rigoletto beklagt sein Schicksal und versucht seine Taten vor sich selbst zu rechtfertigen.

Er kommt zu Hause an. Seit drei Monaten lebt dort seine im Kloster aufgewachsene Tochter Gilda von der Außenwelt abgeschirmt und von der Gouvernante Giovanna bewacht. Gilda bedeutet ihrem Vater alles. Sie sehnt sich jedoch nach Leben und Freiheit. Ihren Fragen nach der toten Mutter und seinem Namen weicht Rigoletto aus. Bevor er wieder geht, befiehlt er Giovanna, seine Tochter streng zu hüten. Doch dem Herzog gelingt es, Giovanna zu bestechen. Verkleidet als armer Student Gualtier Maldé dringt er in Gildas Zimmer ein und gesteht ihr seine Liebe. Überglücklich erwidert sie seine Gefühle. Als Giovanna Schritte hört, schickt sie den Herzog weg. Gilda träumt dem Geliebten nach.

Die Höflinge brechen in Rigolettos Haus ein, um dessen vermeintliche Geliebte zu rauben. Mit verbundenen Augen glaubt Rigoletto an der Entführung der Gräfin Ceprano beteiligt zu sein. Zu spät erkennt er, dass er beim Raub der eigenen Tochter mitgeholfen hat.

2. Akt

Der Herzog trauert seiner Geliebten nach, die ihm vermeintlich geraubt wurde. Als ihm die Höflinge berichten, dass sie von seinen eigenen Leuten verschleppt und an den Hof gebracht wurde, eilt er zu ihr. Von den Höflingen schadenfroh verspottet, sucht Rigoletto seine Tochter. Als sich herausstellt, dass sie sich beim Herzog aufhält, fordert er sie zurück. Erst außer sich vor Zorn, fleht er schließlich die Höflinge an. Gilda erscheint und gesteht ihrem Vater, dass sie den Herzog liebt. Rigoletto sieht seine Tochter geschändet und damit sein ganzes Leben zerstört. In seinem Wahn erscheint ihm Monterones Geist. Rigoletto schwört blutige Rache und will die Stadt mit Gilda für immer verlassen.

3. Akt

Gilda liebt den Herzog trotz allem. Rigoletto versucht, ihr dessen wahres Gesicht zu zeigen. Er lässt sie mitansehen, wie sich ihr Geliebter, als Soldat verkleidet, mit Maddalena vergnügt. Rigoletto befiehlt seiner Tochter, die Stadt in Männerkleidung zu verlassen, und beauftragt Sparafucile, den Herzog zu töten. Ein Unwetter zieht auf. Gilda ist heimlich zurückgekehrt und belauscht, wie Maddalena und Sparafucile darüber streiten, ob der Herzog wirklich umgebracht werden soll. Maddalena hat Mitleid mit ihm und überredet ihren Bruder, anstelle des Herzogs den ersten Gast zu ermorden, der vor Mitternacht an die Tür klopft. Gilda beschließt, ihr Leben zu opfern.

Rigoletto kommt, um den Leichensack abzuholen. Triumphierend will er ihn loswerden, als er von Ferne die Stimme des Herzogs hört. Er öffnet den Sack und entdeckt seine sterbende Tochter.

Finsternis der Seelen

Text von Zsolt Horpácsy

Keine andere Oper Verdis treibt so atemlos und zielgerichtet ihrem tragischen Ende entgegen wie Rigoletto. Basierend auf Hugos melodramatischer Ästhetik der Schwarzen Romantik, komponierte Verdi eine unglaublich straffe Partitur, in der kein Takt als Überlänge empfunden würde.

Einige Jahre nach der Uraufführung sollte Verdi seinen Rigoletto eine »revolutionäre Oper« nennen. Zu Recht. Er bot hier ein brandneues Ausdruckspektrum, mit dem weder das Publikum noch die Rezensenten gerechnet hatten. In seinen frühen Opern bevorzugte er die schnelle Abfolge von geschlossenen Nummern, die mit einfachen musikalischen Mitteln zusammengefügt waren. Erst im Dolch-Monolog von Macbeth (1847) begann er die Grenze zwischen Rezitativ und Arie im Sinne der dramatischen Situation aufzulösen. In Rigoletto geht er konsequent weiter: Die Rezitative der Titelfigur sind in ihrer Bedeutung den Arien gleichwertig. Die Grenzen zwischen geschlossenen Nummern und Rezitativen sind im dritten Akt weitgehend aufgehoben.

Wie aneinander gekettet agieren der bucklige Hofnarr, seine Tochter Gilda und der Herzog von Mantua in diesem düsteren Nocturne. Sie sind die Protagonist*innen einer Geschichte von kranken und verletzten Seelen, die ihrem Schicksal unentrinnbar entgegensteuern. Rigoletto demütigt Menschen und hetzt sie gegeneinander auf. Dabei inszeniert er sich selbst wie einen Priester oder einen Gott als oberste Instanz. Gilda, gefangen in einer kunstvoll illusionistischen Welt, wird jeglicher Entwicklungsspielraum genommen. Aufgrund ihrer Naivität reicht ein einziger mit dem Herzog gewechselter Blick aus, um sie das Gefühl eines Lebens in Liebe und in Freiheit erahnen zu lassen. Dieses Gefühl wird sie nicht wieder los. Vielmehr identifiziert sie sich mit dieser trügerischen Freiheit und opfert ihr Leben, um den Herzog zu retten. Der priesterlich auftretende Narr scheitert zum Schluss kläglich.

Wo die Menschen wenig Kraft und Tapferkeit besitzen, zeigt das Schicksal in hohem Maße seine Macht.
Niccolò Machiavelli, Vom Staat

Trailer zu »Rigoletto«

Video
Trailer zu Rigoletto mit Regisseur Hendrik Müller, Sopranistin Brenda Rae und Dirigent Carlo Montanaro.

SZENENFOTOS Barbara Aumüller

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Veröffentlicht am

02.10.2024

Willy-Brandt-Platz

Spielort

Willy-Brandt-Platz

60311 Frankfurt am Main

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