Opernappetizer

IN SEINEM GARTEN LIEBT DON PERLIMPLÍN BELISA

WOLFGANG FORTNER

Vier Bilder eines erotischen Bilderbogens in der Art eines Kammerspiels / Text von Federico García Lorca / Uraufführung 1962, Schlosstheater Schwetzingen / In deutscher Sprache mit deutschen Übertiteln

Der spanische Dichter Federico García Lorca hat mit seinem Kammerspiel eine poetisch schillernde Mischung aus Farce, surrealen Szenen und tragischem Seelendrama geschaffen. Wolfgang Fortner hat dazu eine zwölftönig konstruierte Musik komponiert, die in verführerischen Klangfarben schwelgt und den grotesken, rätselvollen und sinnlichen Seiten der Dichtung nachspürt.

Vom 22. März– 7. April im Bockenheimer Depot.

Bildunterschruft:
Karolina Bengtsson (Belisa), Sebastian Geyer (Don Perlimplín) © Barbara Aumüller
»Lorca lässt das Publikum in seine Figuren schauen und nimmt es mit auf eine Reise ins Ungewisse. Imagination wird sichtbar, Fantasie kommt zu Wort. Ganz alltägliche Szenen bekommen plötzlich einen Zauber. Er rettet Geheimnisse, ohne sie zu verraten.«
Schriftsteller Christoph Klimke über den Dichter Federico García Lorca

DUFTIGE KLANGFARBEN

Text von Konrad Kuhn

1957 hatte Wolfgang Fortner Federico García Lorcas Drama Bluthochzeit vertont – über zwei Jahrzehnte, nachdem der berühmte Dichter von den spanischen Faschisten ermordet worden war. Für die Schwetzinger Festspiele griff er vier Jahre später Don Perlimplín auf; seine Vertonung kam dort 1962 unter der Leitung von Wolfgang Sawallisch in einer Inszenierung von Oscar Fritz Schuh zur Uraufführung.

Schon Lorca hatte für sein Sprechdrama Musik vorgesehen – neben den ausdrücklich als Lied ausgewiesenen Passagen stellte er sich ein Klavier sowie Gitarrenmusik und Flöten vor. Für die Gartenszene bei Mondschein ist in der Regieanweisung von einer »Serenade« die Rede. Bei der Uraufführung des Theaterstücks wurden Scarlatti-Sonaten auf dem Cembalo gespielt. Fortners Partitur verarbeitet diese Vorgaben des Textdichters. Auf bzw. hinter der Bühne kommen ein Cembalo und eine Flöte zum Einsatz. Im Orchester gibt es neben Streichern und Bläsern eine Gitarre sowie Celesta, Vibraphon, Xylophon, Harfe und Schlagwerk, das u.a. mit Bongos und Kastagnetten aufwartet. So wird der Höreindruck weniger von der zwölftönigen Konstruktion bestimmt als von den duftigen Klangfarben, die ein aus dem Off singender Chor ergänzt.

Das Werk ist in letzter Zeit äußerst selten zur Aufführung gelangt. Gelegenheit, eine Kammeroper von ganz eigenem Reiz kennenzulernen!

Auszug aus dem Magazin März / April 2024.

Teaser zu »In seinem Garten liebt Don Perlimplín Belisa« von Wolfgang Fortner

PLAY, AUGEN ZU UND OPER!

Dramaturg Konrad Kuhn erzählt Ihnen mehr zur Handlung, Entstehungsgeschichte und Inszenierung dieses surrealen Werks. Alle Auftakt-Folgen finden Sie bei SoundCloud, Spotify und ApplePodcasts.

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HANDLUNG

Der nicht mehr ganz junge Don Perlimplín wird von seiner Haushälterin Marcolfa gedrängt zu heiraten. Dazu bietet sich die junge, schöne Belisa an. Deren Mutter ist sofort einverstanden: Der Don ist eine gute Partie. In der Hochzeitsnacht geschehen seltsame Dinge, die wir jedoch nicht zu sehen bekommen: Zwei Koboldchen verhüllen die Szene; denn »Dinge, die man nicht versteckt, werden später nicht entdeckt!« Belisas physisches Begehren hat der Bräutigam wohl nicht erfüllen können. Stattdessen gibt es Hinweise, dass sie ihm noch in der Nacht Hörner aufgesetzt hat. Da taucht ein geheimnisvoller Jüngling in einer roten Capa auf, der ihr glühende Liebesbriefe schreibt und sie zu einem Rendezvous in den Garten einlädt. Dort trifft Belisa jedoch auf ihren Mann, der sehr eifersüchtig zu sein scheint. Er stürzt davon, um den vermeintlichen Nebenbuhler zu töten. Kurz darauf erscheint Don Perlimplín mit der roten Capa und dem Dolch in der Brust: Der mysteriöse Liebhaber war niemand anderer als er selbst.

SEBASTIAN GEYER

Don Perlimplín

»Der amüsant profane Titel lässt die tieferen Ebenen dieses Stücks nicht erahnen. Unter der Oberfläche eines grotesk-komischen Dramas kommen jedoch Seelenwelten zum Schwingen, die berühren. Wenn es darum geht, Innenleben, seelische Zustände fühlbar zu machen, bietet das Musiktheater grandiose Möglichkeiten. Insofern freue ich mich sehr auf die Darstellung des Perlimplín.

Der kammermusikalische Rahmen der Partitur und die Nähe zum Publikum im Bockenheimer Depot erlauben hier noch differenzierteres, auch reduzierteres Spielen und Musizieren. Die Gefühlswelten und Zwischentöne der Figuren in Federico García Lorcas Kammerspiel können hier auf besonders nahbare Weise spürbar werden. Die Partitur von Wolfgang Fortner ist herausfordernd für alle Beteiligten. Das Erarbeiten und Memorieren der zwölftönig angelegten Musik erfordert ein Vielfaches an Zeit und Konzentration im Vergleich zum Umgang mit klassischem Repertoire. Belohnt wird man damit, ein Stück neu entdecken zu dürfen, das von Traditionen unbelastet ist. Frei von stilistischer Erwartung freue ich mich darauf, Fortners Klangwelt neu erfinden zu dürfen.«

Auszug aus dem Magazin März / April 2024.

DOROTHEA KIRSCHBAUM

REGISSEURIN

»In seinem Garten liebt Don Perlimplín Belisa – was für ein Titel! Lang, etwas sperrig. Man muss gefasst sein auf die Nachfrage: ›Wie bitte?‹ Oder: ›Nochmal, bitte!‹ Dieses leichte Stutzen fängt beim Titel an und hört bei der Handlung nicht auf. Vordergründig ist alles klar: Älterer Mann wird mit junger Frau verkuppelt, auf Betreiben seiner Haushälterin und der Mutter der jungen Frau. Er kann aber den expliziten Sehnsüchten der frisch Angetrauten nicht genügen, weicht zurück vor ihrem (körperlichen) Begehren, das ihm fremd bleibt. Eifersucht schleicht sich ein.

So weit, so üblich; doch dann weicht die Handlung vom Komödienschema ab. Perlimplín gestattet Belisa die Liebe zu einem anderen, heizt die Leidenschaft sogar an, genießt es, sie so entflammt zu erleben. Die Haushälterin Marcolfa missbilligt die Entwicklung der Dinge und macht doch mit. Es wird immer schwieriger zu entwirren, wer sich wen oder was ersehnt, wer wen und warum im Garten liebt, wessen Phantasmen wir sehen, in welche seelischen Abgründe wir blicken. Bis endlich die Auflösung kommt … und uns mit tausend Fragen zurücklässt.

Bildunterschruft:
© Barbara Aumüller

Was auf den ersten Blick glasklar erscheint, entzieht sich auf den zweiten der Logik. Es werden Fährten gelegt, die in die Irre führen: Denkt man zu Beginn, man hat es mit einer geradlinig erzählten Komödie zu tun, so wird diese Erwartungshaltung mit dem Auftritt zweier Kobolde ins Fantastische gelenkt. Glaubt man sich wenig später in einer einfachen Verwechslungskomödie, so landet man plötzlich in einer Tragödie, die sich um große Theoreme wie den Gegensatz von Leib und Seele, die Kontrolle (weiblicher) Lust durch (männlichen) Geist und um mannigfaltige Formen der Liebe dreht. Haben wir es einerseits mit psychologisch vielschichtigen Charakteren zu tun, so leben sie andererseits in einer surrealistisch gefärbten Welt. Die Oper besticht durch eine Künstlichkeit im besten Sinne, die sich auch der atmosphärisch dichten Vertonung verdankt.

Besondere Priorität haben für mich die Beziehungen der Figuren untereinander, ihre Motivationen: Warum lässt sich Don Perlimplín eigentlich verkuppeln? Warum empfindet er den weiblichen Körper als Bedrohung? Was geschieht in der Hochzeitsnacht? Wer ist Belisa? Und welche Bedeutung hat das Geschlecht?

Es gibt viel zu erzählen. Trotzdem finden wir vielleicht nicht auf alles die letzte Antwort. Und vielleicht ist genau das auch richtig: Ein paar Dinge müssen im Halbdunkel verborgen bleiben, damit das Stück seinen Zauber nicht verliert.«

TERMINE 22., 24., 27., 30. März / 2., 4., 7. April 2024

SZENENFOTOS Barbara Aumüller

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Veröffentlicht am

22.03.2024

Bockenheimer Depot

Spielort

Bockenheimer Depot

60325 Frankfurt am Main

Anfahrt

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