Tilmann Köhler:
Sie eröffnet eigentlich eine große Ehrlichkeit, Direktheit und Schlichtheit. Eine reduzierte Form, die einen dazu zwingt, nach einer Essenz zu suchen. Nach der Möglichkeit des Erzählens, die bei den Zuhörerinnen und Betrachterinnen etwas auslösen kann, nach einem Kondensat. Wie beispielsweise ein Blick, eine gezielte Bewegung oder eine unerreichbare Nähe. Keine lang vorbereiteten Momente, sondern solche, die sehr schnell und unmittelbar entstehen. Die gesamte Geschichte konfrontiert die Zuhörer*innen mit der ganzen Uneinschätzbarkeit des Lebens. Einerseits in seiner absoluten Schönheit in der unerwarteten plötzlich aufflammenden Liebe, genauso wie mit der unendlichen Grausamkeit und Ungerechtigkeit im unvermittelt bevorstehenden Tod des geliebten Anderen. Der Liebestrank verändert von einer Minute auf die andere alles, genauso wie am Ende der bevorstehende Tod. Ein weltliches Oratorium, das als Medium dient, Lebensthemen zu bearbeiten: Solche wie die Fragen nach der Vergebung, das Ende des Lebens und das Wunder der Liebe. Oder auch ein Thema, das uns in der jetzigen Phase besonders betrifft: Die Sehnsucht nach Berührung und Nähe.