Einen weiteren Aspekt schätzt die Sängerin an ihrem Festengagement: die Möglichkeit, ganz unterschiedliches Repertoire zu singen und auszuprobieren. »Da wird man Gott sei Dank nicht so schnell in eine Schublade gesteckt.« Sicherlich ist auch das ein Grund dafür, dass sie kein ausgesprochenes Lieblingsrepertoire hat: »Ich gehe an alles, was kommt, mit der gleichen Leidenschaft und Neugier heran.« Zu den eindrücklichsten Rollenporträts, die Claudia Mahnke in Frankfurt bisher gestaltete und die sie selbst als ihre hiesigen Meilensteine bezeichnet, zählen Judith (Bartóks Herzog Blaubarts Burg), Brangäne (Tristan und Isolde) sowie Bergs Marie (Berg Wozzeck). »Das waren einfach Sternstunden in meinem mittlerweile 30-jährigen Bühnenleben. Alle drei sind grandiose, starke Charaktere, die ich in Frankfurt mit fantastischen Regisseur*innen erarbeiten konnte.« Eigentlich sind inzwischen alle ihre Rollenwünsche in Erfüllung gegangen, sagt sie und bedauert bloß ein wenig, dass sie ihre lang ersehnte Wunschrolle Charlotte in Massenets Werther – »übrigens auch die Rolle, mit der mich Bernd Loebe damals nach Frankfurt gelockt hatte« – nur ein einziges Mal singen konnte.
Claudia Mahnke liebt ihren Beruf. Dabei habe sie trotz aller Herausforderungen, die er mit sich bringen kann, immer versucht, bei sich zu bleiben, das Gefühl von Konkurrenz oder Neid gar nicht erst aufkommen zu lassen. »Ich habe mit der Zeit gelernt, mich auf die eigenen positiven Erfahrungen und Möglichkeiten zu fokussieren. Es ist in dieser Branche einfach so, dass mal die eine und mal die andere einen Lauf hat. Im besten Fall hat man Kolleginnen desselben Stimmfachs, mit denen gegenseitige Unterstützung möglich ist – beispielsweise, wenn es um die Ermöglichung eines Engagements auswärts geht und die andere Person eine anstehende Aufgabe zuhause übernehmen kann.« Die Sängerin ist sich allerdings auch bewusst, dass die Art, wie sie ihren Beruf leben kann, nicht selbstverständlich ist. Und manchmal gebe es die ganz leise Sorge, dass es mit dem Singen vielleicht irgendwann nicht mehr gehen könnte. »Eine Situation, die ich mir eigentlich überhaupt nicht vorstellen kann.«