IM PORTRÄT: CLAUDIA MAHNKE

DIE KAMMERSÄNGERIN CLAUDIA MAHNKE IM PORTRÄT

Der Titel »Kammersängerin« bedeutet für Claudia Mahnke eine der größten Auszeichnungen überhaupt. Nach ihrer Ernennung zur Stuttgarter Kammersängerin im Jahr 2006 wurde ihr diese Ehre im Sommer 2021 auch in der 16. Spielzeit als Ensemblemitglied der Oper Frankfurt zuteil. »Das fühlt sich einfach toll an!«, sagt sie. »Und auch wenn es viele Bühnen gibt, an denen ich singe, ist die Oper Frankfurt wie auch die Staatsoper Stuttgart, wo ich zehn Jahre im Ensemble war, mein musikalisches Zuhause.«

Einen solchen Hafen zu haben, »in dem man sich aufgehoben fühlt, in dem man musikalisch wie menschlich wachsen und reifen kann«, das erlebt die Mezzosopranistin als ein großes Glück. Das Gefühl von Heimat vermittelt sich für sie aber auch hinter den Kulissen eines Opernhauses. Sie schätzt die Unterstützung und Anerkennung durch das Frankfurter Publikum sehr: »Man wächst zusammen, teilweise entstehen sogar Freundschaften.«

 

VOM HEIMATHAFEN IN DIE WELT

Gerade hier in Frankfurt hat Claudia Mahnkes Karriere durch die ihr angebotenen Rollen sowie durch die Begegnung mit vielen bedeutenden Dirigent*innen und Regisseur*innen rasant an Fahrt aufgenommen: Längst ist sie ein gern gesehener Gast an den wichtigsten Opernhäusern – 2021 gab sie ihr Met-Debüt als Magdalena (Die Meistersinger von Nürnberg) – und bei den renommiertesten Festspielen weltweit.

»Die Entscheidung, Stuttgart zu verlassen und nach Frankfurt zu gehen, war mir damals alles andere als leicht gefallen. Aber heute weiß ich: Alles richtig gemacht. Es hätte nicht besser kommen können. Ich bin immer wieder gefragt worden, warum ich im Festengagement bleibe, statt als Freischaffende eine noch größere Karriere zu machen. Da kann ich nur antworten: Dass ich hier zuhause singen und zwischendurch auch mal andere Luft schnuppern darf, ergänzt sich gegenseitig wunderbar und ist für mich genau die richtige Mischung. Das Festengagement hat mir außerdem ermöglicht, als Mutter eines Sohnes, der inzwischen erwachsen ist, für mein Kind da zu sein und an seiner Entwicklung teilzuhaben.«

 

 

SÄNGERIN UND MUTTER

Dass die Vereinbarung von Beruf und Familie einer guten Organisation und der Unterstützung von Partner, Familie, Großeltern und vielen anderen bedarf, ist ein Umstand, der jede Mutter betrifft. Und dennoch mag man gemeinhin annehmen, dass mit dem Sängerberuf ganz eigene Herausforderungen einhergehen, doch »das Muttersein hat sich eigentlich nur positiv auf meinen Beruf ausgewirkt«, erzählt Claudia Mahnke. »Es ist in jedem Fall das größte Glück und eine enorme Bereicherung! Neben der Anstrengung, die es mitunter mit sich bringt, ist es auch enorm kraftspendend und lässt immer wieder spüren, worauf es im Leben wirklich ankommt!«

 

KOLLEGIAL UNTERWEGS

Einen weiteren Aspekt schätzt die Sängerin an ihrem Festengagement: die Möglichkeit, ganz unterschiedliches Repertoire zu singen und auszuprobieren. »Da wird man Gott sei Dank nicht so schnell in eine Schublade gesteckt.« Sicherlich ist auch das ein Grund dafür, dass sie kein ausgesprochenes Lieblingsrepertoire hat: »Ich gehe an alles, was kommt, mit der gleichen Leidenschaft und Neugier heran.«

Zu den eindrücklichsten Rollenporträts, die Claudia Mahnke in Frankfurt bisher gestaltete und die sie selbst als ihre hiesigen Meilensteine bezeichnet, zählen Judith (Bartóks Herzog Blaubarts Burg), Brangäne (Tristan und Isolde) sowie Bergs Marie (Wozzeck). »Das waren einfach Sternstunden in meinem mittlerweile 30-jährigen Bühnenleben. Alle drei sind grandiose, starke Charaktere, die ich in Frankfurt mit fantastischen Regisseur*innen erarbeiten konnte.«

 

 

Eigentlich sind inzwischen alle ihre Rollenwünsche in Erfüllung gegangen, sagt sie und bedauert bloß ein wenig, dass sie ihre lang ersehnte Wunschrolle Charlotte in Massenets Werther – »übrigens auch die Rolle, mit der mich Bernd Loebe damals nach Frankfurt gelockt hatte« – nur ein einziges Mal singen konnte.

Claudia Mahnke liebt ihren Beruf. Dabei habe sie trotz aller Herausforderungen, die er mit sich bringen kann, immer versucht, bei sich zu bleiben, das Gefühl von Konkurrenz oder Neid gar nicht erst aufkommen zu lassen. »Ich habe mit der Zeit gelernt, mich auf die eigenen positiven Erfahrungen und Möglichkeiten zu fokussieren. Es ist in dieser Branche einfach so, dass mal die eine und mal die andere einen Lauf hat. Im besten Fall hat man Kolleginnen desselben Stimmfachs, mit denen gegenseitige Unterstützung möglich ist – beispielsweise, wenn es um die Ermöglichung eines Engagements auswärts geht und die andere Person eine anstehende Aufgabe zuhause übernehmen kann.«

Die Sängerin ist sich allerdings auch bewusst, dass die Art, wie sie ihren Beruf leben kann, nicht selbstverständlich ist. Und manchmal gebe es die ganz leise Sorge, dass es mit dem Singen vielleicht irgendwann nicht mehr gehen könnte. »Eine Situation, die ich mir eigentlich überhaupt nicht vorstellen kann.«

 

SICH FREISINGEN

Dass sie eine derart erfolgreiche Karriere als international gefragte Mezzosopranistin verfolgen wird, war Claudia Mahnke nicht unbedingt in die Wiege gelegt. »Ich bin in der sächsischen Kleinstadt Meerane aufgewachsen. Da gibt es kein Opernhaus. In meinem Elternhaus wurde kaum klassische Musik gehört. Dass ich gut singen kann, hat man in der Schule entdeckt. So hab ich Unterricht in der Musikschule bekommen und eine Lehrerin dort meinte, dass man meine Stimme ausbilden sollte.«

Schließlich landete sie an der Musikhochschule Dresden, wo sie Blut leckte, was Oper betrifft: »Da habe ich in Hochschulproduktionen entdeckt, dass ich es mag, nicht einfach nur >nackt< vor einem Publikum zu stehen, sondern dabei in verschiedene Rollen zu schlüpfen und mich dahinter zu verstecken – umso schutzloser fühle ich mich beispielsweise bei Liederabenden. Insofern hat mir die Oper gewissermaßen geholfen, mich freizusingen.«

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Text: Mareike Wink
Porträt: Monika Rittershaus /
Szenenfotos:  Barbara Aumüller / Monika Rittershaus  / Wolfgang Runkel
8. März 2022

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