NEU IM OPERNSTUDIO: EKIN SU PAKER

EIN TRAUM WIRD WAHR – IM CORONA-MODUS

 

Die türkische Sopranistin Ekin Su Paker ist seit Beginn dieser Spielzeit Mitglied im Opernstudio der Oper Frankfurt und stand hier erstmals als Barbarina in Mozarts Le nozze di Figaro auf der Bühne. Dass ihr Einstieg unter erschwerten Bedingungen verlief und so manche Planung über den Haufen warf, hat sie nicht entmutigt. Im folgenden Bericht erzählt sie von ihrer musikalisch geprägten Kindheit in der Türkei, ihrem Weg an die Oper Frankfurt und von den glücklichen Momenten, die sie hier trotz Pandemie-bedingter Einschränkungen bereits erleben konnte.

 

ÜBER KLAVIERSPIEL UND BALLETT ZUM GESANG

»Von klein auf hat Musik eine große Rolle in meinem Leben gespielt. Während der Grundschulzeit habe ich Klavier gespielt, im Chor gesungen und Ballett getanzt. Schon mit 10 Jahren trat ich mit dem Orchester der deutschen Rathenow-Musikschule als Solopianistin beim internationalen Bursa-Festival auf. Journalisten interviewten mich anschließend und in der Zeitung war dann zu lesen: ›Ekin Sus Traum ist die Opernausbildung‹.

 

Und jetzt bin ich im Opernstudio eines der besten Opernhäuser Deutschlands! Manchmal kann ich es kaum glauben, dass meine Kindheitsträume gerade wahr werden, auch wenn die Pandemie manchen Schatten auf das Leben wirft.

 

Mit 15 Jahren trat ich dem Chor der Musikakademie bei und nahm Gesangsunterricht. Nach meinem ersten Konzert mit dem Staatlichen Orchester Izmir und nach einem Recital in der Kirche Notre Dame de Lourdes stand mein Entschluss, professionelle Opernsängerin zu werden, endgültig fest, und ich ging an das Staatliche Konservatorium der Universität Istanbul.

Die Kulturwelt in der Türkei entwickelt sich in allen Bereichen stark – die Nachfrage ist sehr groß. Es gibt sechs Opernhäuser und zahlreiche internationale Musik- und Opern-Festivals, die für 80 Millionen Einwohner*innen leider noch nicht genug sind. Alle Tickets sind jeweils in kürzester Zeit ausverkauft. Ich hatte die Möglichkeit, bei Opernfestivals in Istanbul und Izmir als Solistin aufzutreten. Einer der schönsten Auftritte war für mich der mit dem Izmir-Opernorchester in der alten Celsus-Bibliothek in Ephesus – ein unbezahlbares Erlebnis!

 

 

PROBEN UND VORSTELLUNGEN DER ETWAS ANDEREN ART

Bei dem internationalen Wettbewerb Neue Stimmen 2019 in Gütersloh sang ich in einer Gruppe junger Opernsänger*innen, die aus tausenden Bewerber*innen ausgewählt worden waren, Arien vor einer Jury. Auch Bernd Loebe, Intendant der Oper Frankfurt, war Jury-Mitglied. Nachdem wir ein wenig über seine schönen Erinnerungen an die Türkei gesprochen hatten, bot er mir das Engagement im Opernstudio der Oper Frankfurt an.

 

Dieses internationale Haus bietet den Künstler*innen ein familiäres Gefühl. In der Türkei sind Familie und menschliche Wärme sehr wertvoll. Diese Atmosphäre macht mich deshalb besonders glücklich, wie sicher auch viele andere Künstler*innen, die weit weg von zu Hause leben.

 

Als ich im vergangenen Herbst meinen Master in Musiktheater an der Kunstuniversität in Graz abgeschlossen hatte, zog ich von dort nach Frankfurt. Zu einer Zeit, als ständig neue Regeln an den Grenzen des Landes eingeführt wurden, war es nicht einfach umzuziehen. Nachdem ich die ersten Monate der Pandemie mit Einschränkungen verbracht hatte, begann ich die neue Saison voller Hoffnung, nun auf der Bühne singen zu können. Aber Corona machte Spielplanänderungen nötig, so dass ich zunächst nur einige Auftritte als Barbarina in Mozarts Le nozze di Figaro hatte. Die Wiederaufnahme der Produktion wurde an das Hygienekonzept angepasst und einige Szenen wurden gestrichen. Auf der Bühne mussten wir mindestens drei Meter Abstand voneinander halten. Die erste Orchesterprobe fand hinter Plexiglas statt. Vor jeder Probe mussten wir duschen und unsere Haare waschen, bevor wir in die Maske durften. Auch wenn die Maßnahmen ungewohnt waren, fühlte ich mich bei diesem Probenritual vollkommen sicher.

 

Als erste türkische Künstlerin im Opernstudio der Oper Frankfurt war ich sehr glücklich und voller Vorfreude auf meine erste Vorstellung.

 

Mein Glück wurde begleitet von einer süßen Aufregung und auch von einer kleinen Panik, dass ich nur ja nicht näher als drei Meter an meine Kolleg*innen herankomme! Backstage in meiner Garderobe, während ich auf meinen Auftritt wartete, verging die Zeit sehr langsam. Diese Erfahrung war unvergesslich.

 

ZURÜCK NACH FRANKFURT, NACH HAUSE

Unmittelbar nach meinen ersten Vorstellungen in Frankfurt fuhr ich für ein Gastspiel zu Proben nach Wien – mit negativem PCR-Test! Die Rolle der Barbarina war auch mein Wiener Debüt am Theater an der Wien. Jeden Tag habe ich die Persönlichkeit dieses sensiblen Mädchens besser kennengelernt und konnte das, was ich in Frankfurt gelernt hatte, einbringen. Aber dann wurden die Opernhäuser wieder für das Publikum geschlossen. Trotzdem probten wir weiter, um unsere Le nozze di Figaro live im Österreichischen Fernsehen ORF 3 vorzustellen. Plötzlich wurde mein Wiener Debüt zu meinem Live-TV-Debüt. Mit dieser wertvollen Erfahrung fuhr ich zurück nach Frankfurt, nach Hause.

 

 

DER ALLTAG GEHT WEITER – DIE HOFFNUNG AUF DAS PUBLIKUM WÄCHST

Jetzt, während des Lockdowns, wird für die Mitglieder des Opernstudios der Deutschunterricht digital fortgesetzt und es finden Coachings statt, in denen wir neue Rollen lernen, um uns auf den Rest der Spielzeit und die kommende Saison vorzubereiten. Wir haben – natürlich unter strengen Hygienevorschriften – Meisterkurse mit Brigitte Fassbaender, Neil Shicoff, Hedwig Fassbender und Eytan Pessen. Es ist überaus wertvoll, mit diesen großen Künstler*innen zu arbeiten und von ihnen zu hören, was wir richtig machen und was wir entwickeln können. Zum Beispiel begleitete Frau Fassbaender das Rosenkavalier-Duett als Octavian, als ich Sophie sang. Ich kann den Moment nicht vergessen, in dem sich unsere Stimmen vereinten, es war faszinierend für mich. Ein Meisterkurs mit ihr, der am 19. Februar ausgestrahlt wurde, ist nach wie vor auf Youtube zu sehen. Hier kann man miterleben, wie die große Künstlerin und Gesangspädagogin in einer intensiven Arbeitssituation ihre reiche Erfahrung und ihr Wissen mit uns jungen Sänger*innen teilt.

 

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Mit Live-Konzerten, die in den vergangenen Wochen stattfanden und weiter stattfinden, konnten wir unser Publikum dank der Technik wenigstens zu Hause erreichen und damit vielleicht ein wenig Zuversicht aussenden. Trotzdem hoffe ich, den Applaus des Publikums noch vor dem Sommer wieder zu hören. Die Zeit der Pandemie, die uns gelehrt hat, nicht einmal die nächste Woche zu planen, hält mich aber davon ab, mir genaue Vorstellungen von diesem Jahr zu machen. Ich lasse mich überraschen, in welchen Rollen ich auf der Bühne sein werde.«

Text: Ekin Su Paker

Redaktion: Juliane Lehmann und Selina Stefaniak

28. Februar 2021

2 Responses

  1. EKIN SU PAKER – ich kann nur sagen: weiter so! Ihr Bericht hat mich sehr berührt. Ich freue mich darauf SIE hoffentlich bald ‚live‘ in der Frankfurter Oper sehen zu können.

    1. Liebe Frau Bölli, haben Sie herzlichen Dank für Ihr tolles Feedback. Wir freuen uns sehr darüber und leiten dies gerne an Frau Paker weiter. Herzliche Grüße, Ihre Oper Frankfurt

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