VOM OLDSCHOOL ROCK ZUR OPERNSÄNGERIN
Seit der Spielzeit 2020/21 ist Monika Buczkowska neu im Ensemble der Oper Frankfurt. Ihr Deutschland-Debüt gab die Sopranistin auf der Bühne der Oper Frankfurt bereits in der Spielzeit 2019/20 als Lydie in Faurés Pénélope. Von Anfang an fühlte sie sich am Opernhaus sehr herzlich willkommen: »Es ist einfach eine großartige Truppe in Frankfurt, was man gerade in diesen speziellen Zeiten umso mehr schätzt. Man steht zusammen und denkt positiv.« Bernd Loebe hatte ihr das Engagement nach einem gemeinsamen Konzert der Opernstudios von Frankfurt und Warschau, wo die Sopranistin als Stipendiatin am Teatr Wielki sang, angeboten.
HEAVY METAL TRIFFT »AIDA«
Schon als Kleinkind hat Monika es geliebt, zu singen. Ihre frühesten Aufnahmen verdankt sie ihren beiden Brüdern, die Spaß daran hatten, die begeisterte Performance ihrer kleinen Schwester vor einem imaginären Publikum auf Audiokassetten festzuhalten. Dass ihr Weg sie irgendwann in große Opernhäuser führen würde, hat damals allerdings noch niemand geahnt, obwohl bei den Buczkowscy zuhause, in einer kleinen Stadt bei Poznań, viel Musik gehört wurde: »Vor allem Oldschool Rock, Heavy Metal und Jazz – das war die Musik von meinem Vater und meinen Brüdern. Ich denke, auch deshalb war ich schon immer sehr offen und nicht nur auf ein Genre fixiert. Ich habe angefangen, privaten Geigenunterricht zu nehmen. Als ich dann an der Musikschule weiterlernen wollte, war ich schon zu alt, also habe ich nach ein paar Jahren wieder aufgehört.« Daneben sang Monika viele Jahre im Kirchenchor. Ihr Schuldirektor war es, der auf ihre Stimme aufmerksam wurde – also warum nicht richtig mit dem Singen anfangen?
Als 11-Jährige war Monika zusammen mit ihrer Schulklasse zum ersten Mal in der Oper. »Wir haben Halka von Stanisław Moniuszko gesehen, eine polnische Oper. Eigentlich hat es mir überhaupt nicht gefallen. Wahrscheinlich war ich einfach zu jung. Mit 15, parallel zum Beginn meiner Gesangsausbildung, bin ich dann aber wieder in die Oper gegangen – Aida. Ich war begeistert. Und irgendwann habe ich Halka ein zweites Mal gesehen und dachte: Was für eine wunderschöne, tragische Geschichte, was für eine fantastische Musik!«
Die Titelpartie ist inzwischen eine ihrer Traumrollen – »auch wenn das ein fast unerfüllbarer Traum ist«, ergänzt sie. Eine weitere Rolle, die sie in ferner Zukunft, »falls meine Stimme die Entwicklung dahin mitmacht«, wahnsinnig gerne singen würde, ist Puccinis Tosca. Die Musik und der Charakter dieser Figur faszinieren Monika: »Eine Künstlerin, eine liebende und sensible Frau, die ich sehr gut verstehen könnte, glaube ich.«

WENN GESANG DIE WELT ANHÄLT
»Als ich 19 Jahre alt war, habe ich zum ersten Mal in einem professionellen Kontext auf der Bühne gestanden und in dem Moment wusste ich: Dieses Gefühl will ich gegen nichts in der Welt eintauschen!«, erinnert sich Monika. Und das, obwohl diese Zeit nicht immer nur leicht war: Gedanken an die eigene Technik oder das Publikum haben Monika manchmal ganz schön nervös gemacht und unter Druck gesetzt. Nach wie vor ist für sie klar, dass dieser Beruf zuallererst harte Arbeit bedeutet. Da könne es schon mal passieren, dass man zwischen all den Proben und Anforderungen, die von so vielen Seiten an Opernsänger*innen gestellt werden, kurz vergisst, wofür man diesen ganzen Aufwand betreibt. Und je nach Charakter bestehe sogar die Gefahr, an diesem Beruf kaputt zu gehen, sagt Monika.
»Aber dann gibt es wieder diesen Moment, den ich mit 19 Jahren zum ersten Mal empfunden habe: Für einen kurzen Augenblick hört das Publikum nur mir zu, ist darauf konzentriert, was ich vermittle, welche Gefühle, welche Inhalte … Ich erlebe dabei eine große Stille mitten in unserem oft so lauten Alltag und eine besondere Verbindung zwischen der Bühne und dem Publikum. Wir brauchen solche Momente – gerade in diesen seltsamen Zeiten!«
Wenn wir diese Augenblicke auch derzeit nicht vor Ort mit ihr teilen können, so gibt es doch zumindest die Möglichkeit, die Sopranistin im Video des Liederabends am 8. Januar an der Seite ihrer Ensemblekolleg*innen Zanda Švēde, Gerard Schneider, Nicholas Brownlee und Takeshi Moriuchi zu erleben.
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FOKUS, ENERGIE UND AUFBRUCH
Um sich auf ihre Auftritte vorzubereiten, versucht Monika sich zu entspannen, zu fokussieren und mit niemandem zu reden: »Ich bin einfach so nervös, dass ich in dieser Situation nicht immer besonders nett bin.« Monika isst in diesen Stunden gerne Weintrauben, weil sie Zucker haben und Energie geben, ohne den Magen zu sehr zu belasten. Das hat sie sich von ihrer langjährigen Gesangslehrerin und Mentorin Barbara Mądra abgeguckt, die ihren musikalischen Weg von Anfang an begleitete.
Zwischen dem polnischen und dem deutschen Kulturleben sieht die junge Sopranistin Unterschiede: »Ich habe das Gefühl, klassische Musik und Oper gehören in Deutschland etwas mehr zum Alltag und zur allgemeinen Erziehung als bei uns in Polen. Allerdings gibt es auch dort immer mehr Programme und Formate, um jüngeres Publikum an Oper heranzuführen. Und das Theater selbst verändert sich, es wird zeitgemäßer. Glücklicherweise machen auch immer mehr polnische Sänger*innen große Karrieren, so dass Oper zunehmend ins allgemeine Bewusstsein drängt.« Monika möchte diesen Wandel gerne aktiv mitgestalten:
»All das hängt auch von uns jungen Sängerinnen und Sängern ab, die die Wahrnehmung oder Vorstellung von Oper heute verändern können, was viele meiner polnischen Kolleg*innen ganz wunderbar tun, wie zum Beispiel Jakub Józef Orliński. Es wäre schön, wenn ich selbst einen Teil dazu beitragen könnte.«
NEU-FRANKFURTERIN MIT BEGEISTERUNG
»Ich liebe Frankfurt! Es ist eine große und gleichzeitig ist es keine große Stadt. Es hat diese besondere Mischung aus Business und Nicht-Business, aus neuen Gebäuden und historischer Architektur. Ich liebe den Main, den Stadtwald und die Altstadt. Und ich freue mich riesig darauf, alles zu entdecken, was Frankfurt zu bieten hat.«
Außerdem möchte sie in ihrer freien Zeit gerne wieder mehr Filme sehen, öfter nähen und lesen – vor allem Biografien inspirieren sie sehr – »und ich hätte große Lust, Tanzunterricht zu nehmen oder Ukulele spielen zu lernen. Mein Engagement hier in Frankfurt ist in jeder Hinsicht ein Neustart – im besten Sinne!«
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Text: Mareike Wink
17. Januar 2021