Bereits zum 5. Mal wurde die Oper Frankfurt von den Autor*innen des Fachmagazins Opernwelt zum »Opernhaus des Jahres« gewählt – zum 4. Mal während der Intendanz von Bernd Loebe, der sein Amt 2002 antrat. Als der Lockdown die Theater in Deutschland am 13. März 2020 ereilte, hatte die Oper Frankfurt gerade die dritte Aufführung von Strauss’ Salome in der äußerst erfolgreichen Inszenierung von Barrie Kosky gespielt. Es standen noch vier Neuproduktionen auf dem Programm. Die meisten dieser Produktionen werden wir zu einem späteren Zeitpunkt zeigen und damit nachträglich das Bild von der Saison 2019/20 vervollständigen, wie sie eigentlich hätte stattfinden sollen. Zum Jahresende blicken wir noch einmal zurück auf die prämierte Spielzeit.
BERND LOEBE, Intendant

»Wir verstehen die Auszeichnung ›Opernhaus des Jahres‹, die uns für eine verkürzte Spielzeit zuteilwurde, als Ansporn, den seit 2002 eingeschlagenen Weg konsequent weiterzugehen. Der Blick auf die weiteren, von den Opernwelt-Autor*innen ausgezeichneten Künstler*innen zeigt in Frankfurt wohlbekannte Namen, wenngleich nicht alle für ihre am Main geleisteten Arbeiten geehrt wurden. Wir haben sie um ein kurzes Statement gebeten: Frankfurts Lustige Witwe Marlis Petersen (›Sängerin des Jahres‹), die im Mai 2021 für einen Liederabend zurückkehrt, Jakub Józef Orliński (›Sänger des Jahres‹), der als Händels Rinaldo im Bockenheimer Depot sowie als Unulfo in Rodelinda und mit einem Liederabend begeisterte, Tobias Kratzer (›Regisseur des Jahres‹), mit Meyerbeers L’Africaine und Verdis La forza del destino in Frankfurt außerordentlich erfolgreich und bereits für kommende Spielzeiten erneut verpflichtet, sowie Katrin Lea Tag (›Bühnenbildnerin des Jahres‹), die mitverantwortlich für den überragenden Erfolg unserer Salome ist.«
JAKUB JÓZEF ORLIŃSKI, Sänger des Jahres

»Ich habe eine sehr besondere Beziehung zur Oper Frankfurt. Mit dem Angebot, Händels Rinaldo zu singen, hat sie im Jahr 2017 meinen ersten großen Operntraum wahrwerden lassen. Seit meinem Studium in Warschau, während dem ich einige Rinaldo-Arien lernte, bin ich wie besessen von der Musik dieser Oper. Seit Rinaldo habe ich einige Male hier gesungen und in der vergangenen Spielzeit auch einen Liederabend gegeben. Die Atmosphäre an der Oper Frankfurt ist großartig, freundlich und die Menschen sind wahnsinnig nett. Außerdem arbeiten einige meiner Freunde hier. Ich bin immer sehr happy, hierher zurückzukommen.«
MARLIS PETERSEN, Sängerin des Jahres

»Die Sängerin des Jahres gratuliert sehr herzlich dem Opernhaus des Jahres! Ich erinnere mich gerade an mein erstes Engagement in Frankfurt anno 2007 mit der Entführung aus dem Serail. Das schwingt noch in mir … Unvergesslich ist für mich auch die Premiere der Lustigen Witwe in der Regie von Claus Guth mit Joana Mallwitz am Pult. Bewundernswert sind für mich die Liederabend-Reihen, die kein anderes Haus so konstant als Bestandteil des Opernspielplans aufrechterhält wie die Oper Frankfurt, um die eigenen Künstler*innen und Gäste auch mit dem Genre Lied zu präsentieren. Ein besonderer Dank gilt dem Publikum, das diese Möglichkeit so begeistert annimmt! Die Oper Frankfurt ist in meinen Augen eines der qualitativ konstantesten und künstlerisch wertvollsten Häuser, das auch den jungen Nachwuchssänger*innen eine Plattform zum Wachsen gibt, und immer neue Visionen verfolgt und in die Tat umsetzt. All das spricht für eine gute und immer auch kampfbereite Leitung des Hauses. Ich wünsche uns allen, dass die Kunst in diesen wilden Zeiten weiterleben kann und wir gemeinsam einen Weg finden, uns gegenseitig zu unterstützen. und wertzuschätzen. In diesem Sinne: volle Kraft voraus und auf ein Wiedersehen zum Innenwelt-Liederabend am 24. Mai 2021!«
TOBIAS KRATZER, Regisseur des Jahres

»Die Oper Frankfurt gleicht der Stadt, in der sie beheimatet ist: Sie ist weltstädtisch genug, um Werke auf internationalem Spitzenniveau zu besetzen und musikalisch ohne Kompromisse zu realisieren. Aber sie ist zugleich familiär genug, um die Arbeit eines Regisseurs nicht durch die Netze und Fallstricke eines reinen Starbetriebs zu beschweren. Als ich in der vergangenen Saison in der Oper Frankfurt die Aufführung eines Kollegen besucht habe, sprach mich im Foyer eine Besucherin an, um mich zu einem – wie ich dachte – am Rande der Wahrnehmbarkeit verborgenen Detail zu befragen: zu einem kurzen Klarinettensolo, das ich in der Spielzeit zuvor in meiner Produktion von Verdis La forza del destino inszenatorisch ausgedeutet hatte – inmitten einer Szene visuellen Overkills. Ich war verblüfft. Und doch steht diese Begegnung exemplarisch für die Genauigkeit und Neugierde, mit der Oper hier nicht nur produziert, sondern auch rezipiert wird. Ich gratuliere der Oper Frankfurt zu ihrem Publikum. Und dem Frankfurter Publikum zu seiner Oper. Und beiden zum ›Opernhaus des Jahres‹!«
KATHRIN LEA TAG, Bühnenbildnerin des Jahres

»Ein Bühnenbild, wie in unserer Produktion von Salome, soll großen Freiraum für den Betrachter lassen, sodass man in ihn eintauchen kann, soll Assoziationen freilassen, die nicht gleich alles definieren, Enge oder Weite, Unendlichkeit oder etwas ganz Klaustrophobisches, nicht konkrete Orte. In Carmen ging es dagegen um einen Ort, der Begegnung in allen Facetten zulässt, in allen Höhen und Tiefen.«
FÜNF PRESSESTIMMEN
Wie wird man »Opernhaus des Jahres«? Die Zeitschrift Opernwelt veranstaltet alljährlich eine Umfrage unter ca. 50 Kritiker*innen. Wer die meisten Stimmen auf sich vereinigen kann, wird mit diesem Prädikat ausgezeichnet. Jenseits der Opernwelt-Bestenliste haben wir einige Pressestimmen zu einzelnen Produktionen der letzten Spielzeit ausgewählt. Lesen Sie nach den fünf Wortmeldungen von ausgezeichneten Künstler*innen fünf kurze Ausschnitte aus Kritiken, die weitere Aspekte aufgreifen.
SALOME – EIN COUP
»Ein Coup – selten wurde Richard Strauss’ Salome so packend auf den Punkt gebracht wie von Joana Mallwitz und Barrie Kosky an der Oper Frankfurt«
Gerhard R. Koch, Opernwelt
TAMERLANO – RADIKAL, MODERN
»Oper kann so radikal, so modern sein. Oper kann alles.«
Bernd Zegowitz, Badische Neueste Nachrichten
MANON LESCAUT – EIN JUBELSTURM
»Und als endlich (…) das Aufbegehren gegen den Tod ein leises Ende gefunden hat und die beiden zusammengekauert bewegungslos in der Ödnis beieinander liegen, ist es im Zuschauerraum sekundenlang totenstill. Dann bricht ein Jubelsturm los.«
Andrea Richter, www.faustkultur.de
PÉNÉLOPE – EINE ENTDECKUNG
»In wie vielen Städten wäre man wohl so glücklich, während eines verlängerten Wochenendes Neuproduktionen von Faurés Pénélope und Tristan und Isolde zu begegnen, mit einer Wiederaufnahme von Händels Radamisto dazwischen? Es muss schon Frankfurt sein, wo Bernd Loebes aufklärerische Intendanz fortfährt, ein Repertoire zu entdecken, von dem man anderswo nur träumen kann.«
Hugh Canning, Opera (Übersetzung: Oper Frankfurt)
TRISTAN UND ISOLDE – DAS ORCHESTER ALS MOTOR
»Vor allem treibt das Opern- und Museumsorchester die Sache weiter, das unter der Leitung von Generalmusikdirektor Sebastian Weigle wirklich der Motor unter, über und im Geschehen ist.«
Judith von Sternburg, Frankfurter Rundschau
_
Die O-Töne entstanden für einen 2-teiligen Artikel für das Opernmagazin. Aufgrund der Schließung der Opernhäuser seit November 2020 bis voraussichtlich Ende März 2021 blieb Teil 2 bisher unveröffentlicht. Zusammengestellt wurden die Zitate von der Dramaturgie.
28. Dezember 2020